
Michael Hollmann, Präsident des Bundesarchivs, hat die scheidende Bundesregierung eindringlich zur Aufbewahrung bedeutender Unterlagen und elektronischer Kommunikation aufgefordert. In einem heutigen Gespräch äußerte er seine Sorge über die möglichen Lücken und den Verlust von Transparenz im staatlichen Handeln. Diese Entwicklungen könnten das Vertrauen in den Rechtsstaat gefährden, mahnt er. Die vollständige Aufarbeitung dieser Regierungsphase ist für Historiker von entscheidender Bedeutung, so Hollmann.
Ein zentrales Problem sei die mangelhafte Dokumentation von Absprachen, die über digitale Kanäle wie SMS, Chatgruppen oder soziale Medien getroffen werden. Laut Hollmann hinkt die Dokumentation der Bundesregierung und Bundesverwaltung den Anforderungen der elektronischen Kommunikation hinterher. Er verlangt, dass sowohl Politik als auch Verwaltung in der digitalen Welt ankommen und die notwendigen Werkzeuge für eine normgerechte Dokumentation beschaffen.
Fehlende Transparenz und digitale Kommunikation
Die Bedenken des Bundesarchiv-Präsidenten sind besonders relevant im Kontext von Regierungswechseln, bei denen wichtige Informationen aus Chats, SMS und Videotelefonie verloren gehen. Diese müssten jedoch dokumentiert werden, um die Transparenz staatlichen Handelns zu gewährleisten. Hollmann wies auf eine jüngste Videoschalte der Bundeswehr hin, die am 19. Februar 2024 stattfand. An dieser nahmen der Inspekteur der Luftwaffe und weitere hochrangige Offiziere teil.
Das Hauptthema der Videoschalte war die mögliche Lieferung des Marschflugkörpers Taurus an die Ukraine. Die Diskussion beinhaltete auch die Zerstörung der Kertsch-Brücke, die für den russischen Nachschub von Bedeutung ist. Während die Fähigkeit, zehn bis 20 Flugkörper der Taurus-Reihe an die Ukraine zu senden, thematisiert wurde, äußerte Kanzler Olaf Scholz (SPD) Bedenken und betonte, dass Deutschland nicht zur direkten Kriegspartei werden dürfe.
Das Bundesarchiv im digitalen Zeitalter
Um in der digitalen Ära relevant zu bleiben, digitalisiert das Bundesarchiv kontinuierlich Schriftgutbestände, Bilder und Filme. Stand Juni 2023 sind bereits 266.000 Akten und knapp 54 Millionen Bilder online verfügbar. Die Sammlung umfasst unter anderem über 279.000 digitalisierte Fotos im Digitalen Bildarchiv sowie Filme aus dem Ersten Weltkrieg und der Weimarer Republik. Diese digitale Aufbereitung ist Teil des Auftrags des Bundesarchivs, als das Gedächtnis der Gesellschaft zu fungieren.
Laut den Angaben des Bundesarchivs gibt es derzeit über 530 laufende Kilometer Akten, wobei nur ein Teil dieser Unterlagen digitalisiert wird. Rechtliche Vorschriften erschweren zudem die Online-Präsentation jüngerer personenbezogener Unterlagen. Die kontinuierliche Digitalisierung erstreckt sich über historische Perioden, wie die Zeit des Heiligen Römischen Reichs und die Bundesrepublik Deutschland seit 1945. Für die Zukunft wird angestrebt, die Rechercheanwendung invenio zu einem langfristigen Portal zur Einsicht in digitalisierte Akten ohne Zugangsbeschränkungen auszubauen.
Hollmann abschließend: „Für eine lückenlose verlässliche Geschichtsschreibung und Nachvollziehbarkeit von Regierungshandeln müssen wir in der digitalen Kommunikation besser dokumentieren.“ Es bleibt zu hoffen, dass die Behörde die notwendigen Schritte unternimmt, um diesen Herausforderungen gerecht zu werden und so die Transparenz des staatlichen Handelns auch in Zukunft sichert.